01.11.2020, 13:43
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 01.11.2020, 13:44 von Dusty. Edited 1 time in total.)
(01.11.2020, 13:14)Haslflaier schrieb: Mit immer wieder neu zusammengewürfelten Themenräten, wird es ungemein schwierig die typische Lobbyarbeit zu leisten. Die Lobbyisten hätten es sehr schwer immer wieder neue Leute zu umgarnen und an ihren Wohltaten teilhaben zu lassen. Auch wäre es über ein Intressenkonfliktvermeidungssystem leichter möglich, eben solche sehr weitgehend auszuschalten.
Das kann ich nachvollziehen und würde dem auch so zustimmen.
(01.11.2020, 13:14)Haslflaier schrieb: Eine der ersten Fragen beim ersten Zusammenkommen eines Rates, mit sagen wir 8 Personen, die eine Empfehlung aussprechen sollen, für oder gegen ein Durchfahrverbot für Fahrzeuge, könnte dann lauten:
Gibt es ein Ratsmitglied, das in dieser Frage einen Intesessenkonflikt bei sich oder einem anderen Ratsmitglied sieht? Falls ja, dann muss darüber abgestimmt werden, ob diese Person in dieser Frage abstimmungsfähig ist. Mitmachen kann er ja trotzdem, wenn er will.
Dann bekäme eine übliche Durchgangsstraße, in der der Schwiegersohn des Bürgermeisters wohnt, vielleicht/wahrscheinlich nicht gar so schnell ein Verbotsschild.
Diesen Punkt sehe ich schon wieder kritisch. Einen Interessenkonflikt kann man leicht unterstellen. Der Begriff "Konflikt" ist in diesem Zusammenhang schon kritisch. "Interesse" besteht durchaus legitim. Ob das wirklich einen Konflikt darstellt, das sei mal dahingestellt. Interessenvertretungen sind ja berechtigt. So ist es nachvollziehbar, dass Bauern zum Beispiel in einem Dorf im Gemeinderat repräsentiert sein wollen, um ihre völlig legitimen landwirtschaftlichen Interessen nicht untergehen zu lassen. Krasses Gegenbeispiel: ein Gemeinderat aus Hausmännern und Hausfrauen könnte solche Interessen nicht vertreten.
Ich glaube, an diesem Punkt hakt dann auch das Model. Ein Interessenausgleich könnte viel zu kurz kommen, wenn man diese Interessen immer mißtrauisch als konfliktträchtig sieht. Es braucht auch für die Durchsetzung von Zielen ein gewisses Engagement und die Bereitschaft dazu. Zufällig ernannte Räte können das womöglich nicht leisten, auch schlicht weil es sie nicht interessiert.
Man muss vorsichtig sein, dass man den Gedanken der Neutralität nicht idealisiert und berechtigte Interessenlagen diskriminiert. Das würde unser ganzes politisches System letztlich auf den Kopf stellen.
(01.11.2020, 13:14)Haslflaier schrieb: Und dass am Ende vielleicht eine Bürger- Volksabstimmung für weitreichende Fragen stattfinden könnte, dagegen spricht ja nichts. Die Menschen wüssten dann ja, dass es da welche von IHNEN gab, die sich mit dem Thema auseinandersetzten und es von denen eine Abstimmempfehlung gibt. Damit würde auch das Argument DIE DA OBEN nicht mehr ganz so verfangen.
Auch das sehe ich anders. Die Phrase von "DIE DA OBEN" ist mir ehrlich gesagt zu simpel. Es ist ja nicht so, dass alle politischen Dauerfrust schieben und sich übergangen fühlen. Ich würde das Modell der Bürgerräte deswegen auch erst testen, und zwar durchaus kritisch testen. Das Beispiel Irland wird bejubelt, weil dort die gleichgeschlechtliche Ehe in einem sehr katholischen Land durchgesetzt wurde, was man wohl nicht für möglich hielt. Deswegen wäre es auch gut zu schauen, warum das Thema auf parlamentarischem Wege nicht zustande kam, wenn eine so große Mehrheit in der Bevölkerung (nach meiner Recherche 60%) sich dafür aussprachen. Man hätte auch gleich, ohne Umweg über die Bürgerräte, zur Volksabstimmung schreiten können.
Wie gesagt: Test ja, aber auch mit einem kritischen Auge.
Keiner schreibt besser als der, der schreibt, was ich gern lese.